Druckansicht - Donnerstag 16. Dezember 2010
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Gelebte Ökumene - Mariazell und Sibiu

 

ZUSAMMENFASSUNG

 

Seit 45 Jahren bemühen sich Christen und Christinnen in Österreich um die christliche Ökumene. Innerhalb der katholischen Kirche war es vor allem Franz Kardinal König, der die Notwendigkeit des Dialogs der Christen erkannte und, dem 2. Vatikanischen Konzil verpflichtet, die ökumenischen Bemühungen in Österreich maßgeblich beeinflusste. Noch vor Verabschiedung des Ökumenismusdekretes „Unitatis redintegratio" gründete er 1964 die Stiftung „Pro Oriente", die einen großen Beitrag für die Begegnung mit den Ostkirchen leistet. Viele ökumenische Initiativen, Begegnungen und Gottesdienste werden seit Anbeginn bis heute gemeinsam gestaltet: Die „Lange Nacht der Kirchen" zum Beispiel ist seit drei Jahren ein starkes ökumenisches Zeichen in der Öffentlichkeit. Seit 1994 ist die Österreichische Bischofskonferenz Vollmitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Zwei Europäische Ökumenische Versammlungen fanden bereits statt; die erste 1989 in Basel, die zweite 1997 in Graz. Nun bereiten sich die christlichen Kirchen auf die 3. Europäische Ökumenische Versammlung in Sibiu unter dem Motto „Das Licht Christi scheint auf alle" vor. Die Gleichzeitigkeit mit dem Papstbesuch ist eine Herausforderung, die mit Bestimmtheit nicht als Konkurrenz gesehen wird. Um die Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen, fand im März 2007 eine Ökumenische Fachtagung in Mariazell zum Thema „Aufeinander zugehen - Maria und die Einheit der Christen" statt. Der lutherische Superintendent und Vertreter des ÖRKÖ, Mag. Paul Weiland, wird Papst Benedikt XVI. bei der ökumenischen Vesper in Mariazell eine Kerze mit dem Logo der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung übergeben. Die Pilgerfahrt Papst Benedikts XVI. nach Mariazell und die Ökumenische Versammlung in Sibiu sind so gemeinsames Zeichen des Unterwegs-Seins auf Christus hin. Texte zur Ökumene finden sich auf der Homepage des ÖRKÖ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich) oder unter http://www.oekumene.at/.

 

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Um die ökumenische Situation in Österreich 2007 vor dem Besuch von Papst Benedikt XVI. richtig einzuschätzen, ist ein Blick auf den 45jährigen Lernprozess vom Gegeneinander zum Miteinander, vom Misstrauen zum Vertrauen, wie er hier von einer Zeitzeugin skizziert werden soll, hilfreich.

 

Dem 2. Vatikanischen Konzil verpflichtet

 

Österreich war durch Jahrhunderte das Land der Gegenreformation. Mit Recht sagte Papst Johannes Paul II. bei seinem Österreichbesuch 1983 bei der ökumenischen Begegnung:

 

"Österreich wurde - wie manche andere europäische Länder auch - durch die Wirren konfessioneller Auseinandersetzungen erschüttert. Das kirchliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben des Landes war geprägt von religiöser Zwietracht, je von feindseliger Intoleranz, Unterdrückung und Verfolgung ... Die Schuld, die Christen tatsächlich auf sich geladen haben, darf nicht geleugnet werden. Sie wartet immer neu auf Bekenntnis und Vergebung."

 

Er betonte dann aber: "Der vom Konzil ausgestreute Samen hat hierzulande bereits deutliche Wurzeln geschlagen." Tatsächlich waren die österreichischen Bischöfe, insbesondere Kardinal Franz König bemüht, die Botschaft des Konzils in den Heimatgemeinden fruchtbar werden zu lassen.

 

Bereits beim Katholikentag 1962 formulierte ein ökumenischer Arbeitskreis ökumenische Bitten und Anliegen für die österreichischen Konzilsväter. Noch vor Verabschiedung des Ökumenismusdekretes gründete Kardinal König am 4. November 1964 die Stiftung PRO ORIENTE, die bis heute einen kaum zu überschätzenden Beitrag für Begegnung und Gespräch mit Ostkirchen leistet. Nach Verabschiedung des Ökumenismusdekretes übergibt im Mai 1965 der lutherische Bischof der Österreichischen Bischofskonferenz eine Denkschrift, in der die Belastungen und Stolpersteine klar benannt werden. Eine gemeinsame Aufarbeitung dieser Fragen wird beschlossen und eine Gemischt-Katholisch Evangelische Kommission gegründet. Ihr gehören die Evangelische Kirche A.B. und die Evangelische Kirche H.B. und die römisch-katholische Kirche an. Sie nimmt im Jänner 1966 ihre Arbeit im Erzbischöflichen Palais auf und arbeitet bis heute im Auftrag der drei Kirchenleitungen. Bei der Behandlung der Denkschrift kommt es dan 1969 zur gegenseitigen Taufanerkennung und in den folgenden Jahren zu Regelungen für konfessionsverschiedene Ehen. Dabei handelt es sich in Österreich um eine brennende pastorale Frage, da rund 75 % der evangelischen Christen und Christinnen einen katholischen Partner bzw. Partnerin haben. So ist es wichtig, dass mit Zustimmung Roms, das Versprechen des katholischen Partners lautet: „Ich erkenne an, dass mein Glaube von mir verlangt, mich für die Taufe und Erziehung unserer Kinder in der katholischen Kirche einzusetzen. Ich werde mich bemühen, dem zu entsprechen unter Rücksichtnahme auf das Gewissen meines Partners."

 

Der - auch noch während des Konzils - am 1. Juli 1965 errichteten Diözesankommission für ökumenische Fragen überträgt Kardinal König die Aufgabe, auf der Grundlage der kirchlichen Dekreto alle ökumenischen Einzelinitiativen zu koordinieren, für diesbezüglich richtunggebende Entscheidungen auf diözesaner Ebene ein sachkundiges Votum abzugeben und selbst Maßnahmen vorzuschlagen. Das damals gegebene Statut ist bis heute gültig.

 

Ab 1967 sendet der Österreichische Rundfunk an jedem Sonn- und Feiertag die Ökumenische Morgenfeier, in der drei Vertreter von drei christlichen Kirchen ein religiöses Thema behandeln. Bei der Gestaltung dieser beinahe 30 Jahre andauernden Sendereihe lernten sich die Gestalter und Gestalterinnen auf ganz intensive Weise persönlich, spirituell und theologisch kennen. Gemeinsam legten sie für zehntausende Hörer und Hörerinnen im In- und Ausland ein christliches Zeugnis ab.

 

Etwa gleichzeitig mit der Ökumenischen Morgenfeier begannen die Vorbereitungen der Wiener Diözesansynode, in der die wichtigen Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils von der Weltebene auf die Diözesanebene und die Pfarrebene transportiert werden sollten. Theologen und Vertreter der christlichen Kirchen wurden als Beobachter eingeladen. Ihre Fragen, Erfahrungen und theologischen Einsichten sowie ihre biblisch fundierte Spiritualität verhallen nicht ungehört, sondern finden Beachtung. Die gemeinsam erarbeiteten Leitsätze, die die Synode mit überwältigender Mehrheit annahm, haben bis heute nichts an Bedeutung verloren, z.B. „Wahre Einheit beruht auf dem Vermächtnis Jesu Christi. Somit ist das ökumenische Bemühen die Erfüllung seines Gebotes. Das ökumenische Anliegen ist daher von allen zahlenmäßigen und taktischen Erwägungen zu befreien. Es gibt nur den einen ökumenischen Auftrag und keinesfalls einen jeder Kirche eigenen Ökumenismus." "Einheit ist überall dort sichtbar zu machen, wo Übereinstimmung möglich ist."

 

1970 beantragt die römisch-katholische Kirche auch einen Beobachterstatus im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich. Alle 13 Mitgliedskirchen stimmen diesem Antrag zu und begrüßen ihn. Der damit eingeleitete Prozess zeitigt seine Früchte und so konnte Papst Johannes Paul II. 1983 sagen: "Ich möchte Sie ermutigen, in Ihren Bemühungen fortzufahren."

 

Neue Aufgaben und Formen der Zusammenarbeit

 

Durch die Wiener Konferenz der KSZE ergibt sich die Aufgabe einer ökumenischen Begleitung durch Gespräche, Begegnungen und ökumenische Gottesdienste. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe wird eine eigene Arbeitsgruppe "Österreichische Bischofskonferenz - Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich" gebildet. Die Kontakte mit den Verantwortlichen der KSZE, den Teilnehmenden aus den diversen Ländern bedeutet eine Bewährungsprobe für die heimischen Kirchen. Die Erfahrungen der Zusammenarbeit sind so positiv, dass sie nahtlos in die Vorbereitung, Teilnahme und Nacharbeit der 1. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Basel übergehen.

 

1988 besucht Papst Johannes Paul II. zum zweiten Mal Österreich und feiert in Salzburg in der evangelischen Christuskirche einen Ökumenischen Gottesdienst. Es war wieder ein Zeichen der Bestätigung und der Ermutigung des ökumenischen Prozesses in Österreich.

 

Die 1. Europäische Ökumenische Versammlung 1989 in Basel unter dem Motto "Frieden in Gerechtigkeit" findet in Österreich ein starkes Echo, war es doch das erste Mal nach der Reformation, dass sich europäische Christen und Christinnen aller Konfessionen in Europa versammelten. Als die 700 Delegierten das ausführliche Dokument mit 98 % Zustimmung annahmen, war es klar, dass man sich auf richtigen Weg der Zusammenarbeit zwischen KEK (Konferenz europäischer Kirchen) und CCEE (Rat der europäischen Bischofskonferenzen) befand.

Als dann am 25. März 1993 das Ökumenische Direktorium zur Ausführung der Prinzipien und Normen über die Ökumene erschien, das „die Entscheidung sich einem Rat anzuschließen, in die Entscheidung der Bischöfe legte, war für Österreich die Stunde gekommen, die Umwandlung des Beobachterstatus der römisch-katholischen Kirche in eine Vollmitgliedschaft beim Ökumenischen Rat der Kirche in Österreich vorzubereiten. Dieses römische Dokument wurde von allen Kirchen wegen dieser Ermöglichung und vieler weiterer Empfehlungen sehr positiv aufgenommen.

 

Nach einem eingehenden gemeinsamen Beratungsvorgang beschloss die Österreichische Bischofskonferenz einstimmig um die Vollmitgliedschaft anzusuchen. Am 1. Dezember 1994 wurde dieser Antrag von allen 13 Mitgliedskirchen in einer Sondersitzung einstimmig angenommen. Eine neue Phase ökumenischer Weggemeinschaft hatte damit begonnen.

 

Weitere Schritte nach Beitritt der römisch-katholischen Kirche als Vollmitglied

 

Hatte schon vor dem Vollbeitritt die Österreichische Bischofskonferenz und der ÖRKÖ jeweils eine Einladung für die 2. Europäische Ökumenische Versammlung nach Graz ausgesprochen, so konnte jetzt von allen 14 Kirchen gemeinsam "Graz" vorbereitet und begleitet werden. Das Prinzip "Dialog" war die Leitmelodie bei der Vorbereitung und der ausführliche Dokumentationsband zeigt die breite Palette der behandelten Themen. Das Motto "Versöhnung-Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens" war zutreffend für die Situation, in der sich die Kirchen nach der Öffnung des „Eisernen Vorhangs" befanden. Zur freudigen Überraschung waren ja etwa zu gleichen Teilen Christen und Christinnen aus Ost und West gekommen.

 

In der Folge von "Graz" wurde dann die dort ausgesprochene Empfehlung an die Kirchen ein gemeinsames Dokument zu erarbeiten, das grundlegende Pflichten und Rechte enthält von CCEE und KEK in Angriff genommen. So kam es zur Charta Oecumenica, Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa, die 2001 veröffentlicht wurde. Die Kirchen in Österreich hatten sich intensiv am Entstehungsprozess der Charta Oecumenica beteiligt und erfahren, dass ihre Vorschläge und Eingaben auch berücksichtigt wurden.

 

Am Tag der Unterzeichnung der Charta Oecumenica in Strasbourg am 22. April 2001 wurde in einer feierlichen ökumenischen Vesper im Wiener Stephansdom unter Applaus der Gläubigen das Dokument den Verantwortlichen der Kirchen mit der Bitte um Annahme und Umsetzung übergeben. In der Gebetswoche 2002 konnte verkündet werden, dass alle 14 Mitgliedskirchen des ÖRKÖ die Charta Oecumenica angenommen haben. Es ist erfreulich, dass sie jetzt auch der Wegweiser am Pilgerweg der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung ist.

 

Ökumenische "Fixpunkte"

  • Die Pfarrgemeinderatsordnung sieht vor, dass in jedem Pfarrgemeinderat eine Person für das ökumenische Anliegen zuständig ist. Daraus ergeben sich viele Formen der Zusammenarbeit mit anderen Pfarren, anderen Kirchen, am Weltgebetstag der Frauen, in der Gebetswoche für die Einheit der Christen, bei Festen, Bildungsveranstaltungen, Bibelrunden usw.
  • Vorbereitung konfessionsverschiedener Brautpaare und deren weitere Begleitung. Die von konfessionsverbindenden Paaren gebildete Arge Ökumene leistet hier wertvolle Dienste.
  • Seit Jahrzehnten ökumenische Zusammenarbeit in der Telefonseesorge.
  • Besonders segensreich wirkt sich die geradezu beispielhafte Zusammenarbeit von Caritas und Diakonie aus. Die Verleihung der höchsten Auszeichnung der Caritas an den lutherischen Bischof Mag. Herwig Sturm zeigt die große gegenseitige Wertschätzung.
  • Das Katholische Bibelwerk und die Österreichische Bibelgesellschaft geben Zeugnis von einer sich gegenseitig inspirierenden Zusammenarbeit.
  • Das Ökumenische Nationalkomitee für den Weltgebetstag der Frauen und das Ökumenische Forum in Österreich haben Beobachterstatus im ÖRKÖ und sind weit über die Grenzen hinaus um die Beherzigung ihrer Anliegen bemüht.
  • In Ökumenischen Fachtagungen, Ökumenischen Akademien, Erwachsenenbildungsvorgängen usw. kommen grundsätzliche pastorale, liturgische und theologische Themen zur Sprache. Dabei kommen selbstverständlich immer alle drei Traditionsströme zu Wort und kommt es zum besseren Verstehen der begründeten Differenzen und der grundlegenden Gemeinsamkeiten. Dabei ist das Wohl der Gemeinschaft im Blick und wird auch auf Stimmen von "außen" gehört.
  • Begegnungen und gegenseitiger Austausch der Geistlichen verschiedener Kirchen haben bereits Tradition und finden in den einzelnen Diözesen in angemessener Form statt.

Damit wird keineswegs der Anspruch der Vollständigkeit erhoben, gibt aber etwas von der Vielfalt wieder, in der das ökumenische Anliegen beherzigt wird.

 

Besondere ökumenische Prozesse in Österreich

  • Belastungen aus der Vergangenheit werden in den sehr unterschiedlichen Kontexten in den Diözesen gemeinsam mit Vertretern der anderen Kirchen angeschaut, Vorurteile und Fehlurteile abgebaut, im Lichte des Evangeliums Schuld bekannt und Schritte zur Versöhnung gesucht und gesetzt.
  • Der Prozess SOZIALWORT gehört wohl zu den einmaligen ökumenischen Vorgängen in Österreich und weit über die Grenzen hinaus. Er darf auch als charakteristisch für die ökumenische Zusammenarbeit in diesem Land bezeichnet werden. Dieser am 1. Adventsonntag 2003 in einer festlichen ökumenischen Vesper im Wiener Stephansdom der Öffentlichkeit übergebene Text ist in einem 3jährigen Prozess entstanden. In einer ersten Phase wurden Personen und Institutionen in allen Kirchen, die sich mit sozialen Fragen und Arbeiten befassen, befragt. Die eingegangenen 555 Stellungnahmen wurden in einem Sozialbericht zusammengefasst und waren die Grundlage für die Weiterarbeit.

Die mit einschlägigen Fragen befassten Personen und Institutionen wurden dann in einer zweiten Phase um ihr Votum zu diesem Sozialbericht gebeten. Es waren die Gewerkschaften, die Industriellenvereinigung, Parteien, usw. dabei. Rund 150 Stellungnahmen gingen ein und wurden teilweise in ausführlichen Gesprächsvorgängen präsentiert und erläutert. Der Horizont erweiterte sich und manche Vertiefung oder Änderung der Fragestellung ergaben sich. Eines war deutlich, die Abfassung eines Sozialwortes der Kirchen westlicher und östlicher Tradition erschien sinnvoll und erwünscht. Rund 50 Experten der verschiedenen Kirchen wirkten nun an der Erstellung des Sozialwortes mit. In dieser dritten Phase suchte die für den Prozess SOZIALWORT verantwortliche Steuerungsgruppe regelmäßig Kontakt mit den Kirchenleitungen. Der Text wurde ihnen in den Entstehungsphasen einige Male vorgelegt, dabei strikt die verschiedenen Entscheidungsvorgänge in den einzelnen Kirchen beachtend.

 

Nach diesem dreijährigen Prozess gaben alle Verantwortlichen der 14 Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates mit ihrer Unterschrift die Zustimmung zur Veröffentlichung dieses Sozialwortes des ÖRKÖ.

 

Inzwischen hat das Sozialwort eine nachhaltige Wirkungsgeschichte ausgelöst. Es wurde ins Englische und ins Ungarische übersetzt und findet internationale Beachtung. Eine wissenschaftliche Studie "Perspektiven ökumenischer Sozialethik" - Der Auftrag im größeren Europa - unterstreicht das erstmalige Zusammenwirken der Kirchen östlicher und westlicher Tradition. Weitere wissenschaftliche Vorgänge vertiefen einzelne Aspekte. Dieser von einer tiefen biblischen Spiritualität getragene Text, spricht nicht nur nach "außen", sondern nimmt auch die Kirchen konkret in die Pflicht. Das Sozialwort selbst versteht sich als eine Realisierung der Verpflichtung in der Charta Oecumenica Nr. 7. Jedes Jahr wird Rechenschaft über die Wirkungsgeschichte gegeben und es zeigt sich, dass diese Orientierungshilfe in immer größerer Vielfalt zur Besinnung und zum Dialog einlädt. So ist z.B. "Die Allianz für den freien Sonntag", der alle christlichen Kirchen angehören, zu einer richtigen Bewegung geworden.

 

Das SOZIALWORT wurde auch beim Mitteleuropäischen Katholikentag 2004 dem Vertreter des Papstes, Kardinal Sodano, und den mitfeiernden Bischofskonferenzen übergeben.

  • Bei einem Hearing im Österreich-Konvent (Beratungsvorgang zu einer Verfassungsreform) tragen die Verantwortlichen der staatlich anerkannten christlichen Kirchen ihre Anliegen in einem gemeinsam vorbereiteten und gemeinsam präsentierten Text vor. Dieses gemeinsame Auftreten erweckt teilweise Erstaunen, hinterlässt aber den tiefen Eindruck eines gemeinsamen Zeugnisses, das von nachhaltiger Wirkung ist. Die katholische Vorsitzende des ÖRKÖ wird vom Nationalratspräsidenten ad personam" zum Mitglied des Konvents ernannt. Da sie keine Juristin ist, stellen ihr die Kirchen sofort spontan eine hochkarätige Expertengruppe zur Seite und ein als ausgezeichneter Jurist bekannter Oberkirchenrat begleitet sie. Diese Expertengruppe ist weiterhin tätig und berät die Kirchenleitungen in bestimmten Rechtsfragen.
  • Jahrelange vertrauensbildende Vorgänge in den Schulen und die gute Zusammenarbeit der für Schulfragen verantwortlichen Personen in den einzelnen Kirchen bilden die Voraussetzung für die europaweite erstmalige Gründung einer Kirchlich Pädagogischen Hochschule, an der ab 1. Oktober katholische, evangelische, orthodoxe und altkatholische Religionslehrer und Religionslehrerinnen ausgebildet werden sollen. Es werden sowohl Lehrveranstaltungen für alle als auch für die einzelnen Konfessionen spezifische Lehrvorgänge angeboten. Dass es möglich war, für diese Hochschule eine kirchenrechtliche Form zu finden und die staatliche Anerkennung zu bekommen, ist ein weiteres Zeichen vertrauensvoller Zusammenarbeit, die die volle Unterstützung des Erzbischofs von Wien und der Verantwortlichen der anderen Kirchen hat.
  • Die Stiftung PRO ORIENTE vermittelt in Symposien die Ergebnisse ihrer internationalen Begegnungen und Studienvorgänge und bindet dabei die Kirchen am Ort ein. Diese Vermittlung geschieht nicht nur in Wien, sondern in den Sektionen in Graz, Linz und Salzburg in einer jeweils für dort angemessenen Weise.
  • An den Katholisch-Theologischen Fakultäten in Österreich wird dem ökumenischen Anliegen immer größere Aufmerksamkeit in Lehre und Forschung geschenkt. Es werden auch regelmäßige Kontakte zu den Universitäten in Mittel- und Osteuropa gepflegt. An der Katholisch-Theologischen Fakultät in Graz lehrte ein orthodoxer Theologe orthodoxe Theologie. In Wien bieten die Katholisch-Theologische Fakultät und die Evangelisch-Theologische Fakultät, die seit kurzem auch im selben Haus untergebracht sind, gemeinsame theologische Lehrveranstaltungen an.
  • Seit der Gebetswoche 2002 pflegt der ÖRKÖ regelmäßige Kontakte mit den Ökumenischen Räten in den Nachbarländern Tschechien, Slowakei, Ungarn, Polen. In diesem für alle Beteiligten wertvollen Lernvorgang können wieder Belastungen aus der Vergangenheit abgebaut und gegenseitiges Vertauen aufgebaut werden. Man wird sich in diesen Begegnungen auch der "Ungleichzeitigkeit" der ökumenischen Entwicklungen, der unterschiedlichen Voraussetzungen und der teilweise noch begrenzten Bekanntheit der Texte des II. Vatikanischen Konzils bewusst. Die ökumenische Situation in Österreich wird als Zeichen der Hoffnung gesehen.
  • Der ÖRKÖ meldet sich regelmäßig zu wichtigen Themen zu Wort: zu Asylfragen, zur EU-Erweiterung, zur EU-Ratspräsidentschaft, zum Irakkrieg u.a. Besondere Beachtung fand die gemeinsame Erklärung zum menschenwürdigen Sterben. Alle Texte stehen auf der Homepage des ÖRKÖ und sind unter http://www.kirchen.at/ oder http://www.oekumene.at/ abrufbar.
  • "Die Lange Nacht der Kirchen" wurde in den letzten drei Jahren zu einem starken ökumenischen Zeichen in der Öffentlichkeit. Alle Mitgliedskirchen beteiligen sich und gestalten die Nacht in ihren Kirchen. Ein ökumenischer Gottesdienst in einer zentralen Kirche wird am Beginn gefeiert. Mehr als 100.000 Menschen besuchen in dieser Nacht die Kirchen. Berührungsängste werden abgebaut und die Kirchen des Ostens und des Westens erleben sich gegenseitig als spirituelle und pastorale Bereicherung. Der Funke dieser von den Gemeinden und Pfarren getragenen Initiative ist von Wien inzwischen auch auf andere Diözesen übergesprungen.
  • Der ÖRKÖ ist seit Jahren um den Aufbau guter Beziehungen mit der Israelitischen Kultusgemeinde bemüht, was von dieser gesehen und erwidert wird. Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, dessen Präsident derzeit der evangelisch-methodistische Pastor Prof. Helmut Nausner ist, leistet dabei einen wichtigen Beitrag. Die Verpflichtungen in der Charta Oecumenica ausgesprochen, werden ganz ernst genommen. Der Tag des Judentums unterstreicht die Besinnung innerhalb der Kirchen. Gemeinsam gedenkt man jedes Jahr der Reichspogromnacht und nimmt teil an den Gedenkfeiern im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen. Es finden gemeinsame Studientage und Begegnungen statt.

Sibiu und Mariazell

 

Die christlichen Kirchen in Österreich hatten seit der Ankündigung des Pilgerwegs der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung mit dem Motto „Das Licht Christi scheint auf alle" Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa alle stattfindenden ökumenischen Gottesdienste, Studientage etc. als eine Station auf diesem Pilgerweg gesehen und diesen Prozess durch eine Arbeitsgruppe begleitet.

 

Eine besondere Herausforderung war aber die Gleichzeitigkeit des Papstbesuches zur 850-Jahrfeier in Mariazell und der Abschlussveranstaltung der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu. Als der ÖRKÖ im Dezember 2005 vom Papstbesuch informiert wurde, überlegte er sofort, wie die Wahrnehmung einer Konkurrenz vermieden werden könnte. Man entschloss sich, alle Delegierten für die 3. EÖV aus Österreich zu einer Ökumenischen Fachtagung im März 2007 nach Mariazell einzuladen. Sie stand unter dem Motto "Aufeinander zugehen" - Maria und die Einheit der Christen. Diese Ökumenische Fachtagung wurde zu einem ökumenischen Ereignis, wie es in der 106 Seiten starken Dokumentation heißt.

 

Zusammenfassend wird im Bericht festgehalten:

 

"Das Treffen in Mariazell war besonders davon gekennzeichnet, dass niemand Positionen verteidigte; alle Reden hatten eher zeugnishaften Charakter, und man konnte spüren, dass auch Bereitschaft zum Hören da war. Dies kam insbesondere zum Ausdruck in der Feier einer ökumenischen Vesper beim Gnadenaltar und in einer ökumenischen Andacht vor dem Dreifaltigkeitsaltar in der Basilika. Wir sind miteinander unterwegs. An diesem Punkt ist es sicher angebracht, auf die Marienstatue hinzuweisen, die Mariazell einen besonderen Akzent gibt. Die Mutter Maria hält den Jesusknaben auf dem Schoß, aber sie weist mit ihrer linken Hand, mit einem besonders langen Zeigefinger, auf Jesus hin. Die Botschaft ist klar. Maria sagt damit: Nicht ich bin wichtig, Jesus ist wichtig, auf ihn sollt ihr schauen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Mariazell haben mit Staunen die Begegnung mit Christinnen und Christen aus so verschiedenen Traditionen an diesem Wallfahrtsort erlebt. Das ist Grund zur Dankbarkeit Gott gegenüber."

 

Auf die Dokumentation dieser bemerkenswerten Tagung, die bereits der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz und der Vorsitzende des ÖRKÖ in einem gemeinsamen Schreiben an Kardinal Kaspar und den Präsidenten von KEK und CCEE in der Gebetswoche für die Einheit der Christen 2007 angekündigt haben, wurde bis jetzt in der Öffentlichkeit keine Reaktion von der Seite Roms wahrgenommen.

 

Es ist zu hoffen, dass Papst Benedikt XVI. dieses ökumenische Zeichen der österreichischen ökumenischen Weggemeinschaft wahrnimmt und es in seine Botschaft von Mariazell nach Sibiu einfließt.

 

Die Kerze mit dem Logo der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung, die Papst Benedikt bei der ökumenischen Vesper in Mariazell vom lutherischen Superintendenten als Vertreter des ÖRKÖ, Mag. Paul Weiland, übergeben werden wird, soll die Verbundenheit sichtbar unterstreichen.

 

Abschließende Bemerkungen

 

Diese 45-jährige Lerngeschichte kannte ihre Schwierigkeiten, Irritationen und Stolpersteine und es gibt auch in Österreich in allen Kirchen Menschen, die der Ökumene desinteressiert bis ablehnend gegenüber stehen.

 

Der respektvolle Umgang "par cum pari" ermöglichte aber die positive Entwicklung. So kam es nach Irritationen über einen Gottesdienst nach dem Unglück in Kaprun zu Beratungen und verbindlichen Richtlinien für ökumenische Gottesdienste. Es war ein Weg vieler kleiner Schritte unter gegenseitiger Rücksichtnahme auf die Kirchen des Ostens und des Westens.

 

Differenzen werden offen angesprochen. Theologen befassen sich mit brennenden theologischen Fragen. Dort, wo man zunächst auf große Schwierigkeiten stößt, wie in manchen bioethischen Fragen, hat man beschlossen, einander korrekt über die Beschlüsse in den einzelnen Kirchen zu informieren und so einen ersten Schritt zur respektvollen Wahrnehmung der Differenz zu setzen.

 

Die Verantwortlichen der christlichen Kirchen bezeichnen "die Ökumene in Österreich" geradezu als "vorbildlich" und wollen sich weiter darum bemühen. Auf dieser Grundlage können die Kirchen einander Hilfestellungen geben und sich andererseits als Bereicherung erfahren. Dies wird insbesondere von den Orthodoxen und Altorientalischen Kirchen so erfahren, die bei stets wachsender Zahl der Gläubigen mit ihrer geringen Infrastruktur doch ihre Aufgaben in der Pastoral, in der karitativen Tätigkeit, im Religionsunterricht und in der Öffentlichkeit wahrnehmen können.

 

Die Tatsache, dass mit 1. Jänner 2007 das Generalsekretariat der GEKE (der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) mit ihren 105 Mitgliedskirchen von Berlin nach Wien übersiedelt ist, bedeutet für die Glaubwürdigkeit der Ökumene in Österreich eine neue Herausforderung. Der Generalsekretär der GEKE wurde zum Bischof der Evangelischen Kirche A.B. gewählt und tritt das Amt mit 1. Jänner 2008 an.

 

Die Delegierten bereiten sich jetzt auf "Sibiu" vor und planen schon Schritte zur Vertiefung der dort gewonnenen Einsichten und Erfahrungen. Das gemeinsame Zeugnis in der säkularen Gesellschaft soll verstärkt werden.

 

 

Oberin Prof. Dr. Christine Gleixner FvB

Vorsitzende der Diözesankommission für ökumenische Fragen der Erzdiözese Wien

Mitglied der Ökumene-Kommission der Österreichischen Bischofskonferenz und der Gemischt Katholisch-Evangelischen Kommission

Konsultorin der Stiftung PRO ORIENTE

Vertreterin der Erzdiözese Wien bei der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu

 

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Dokumentation des Papstbesuchs erschienen

In der Schriftenreihe "Die Österreichischen Bischöfe" erschien soeben die Dokumentation "Papst Benedikt XVI. in Österreich"

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Hier finden Sie alle Zitate der SMS-Aktion im Vorfeld des Papstbesuchs.



Papst Benedikt XVI. schreibt an die Leser der Österreichischen Kirchenzeitungen


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