Druckansicht - Donnerstag 16. Dezember 2010
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Die Hofburg in Wien

 

Der weite und dominante Komplex der Wiener Hofburg blickt auf eine Baugeschichte von über 700 Jahren zurück. Die heute noch erhaltenen Teile wurden zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert errichtet und beherbergen höchst unterschiedliche Institutionen. So findet sich neben der Hofburgkapelle, dem „Stammhaus" der Wiener Sängerknaben, die Spanische Hofreitschule mit den weltberühmten Lipizzanerpferden, die Österreichische Nationalbibliothek, die Schatzkammer mit den Reichsinsignien des Heiligen Römischen Reiches oder die Augustinerkirche, die als Hochzeitskirche der Habsburger diente und in der sich darüber hinaus die Herzgruft dieser Herrscherfamilie befindet.

 

Der zweifelsohne bedeutendste Teil der Hofburg ist der so genannte Leopoldinische Trakt, benannt nach seinem Bauherrn Kaiser Leopold I. Er grenzt direkt an den „Schweizer Trakt", der seinen Namen von der Schweizer Garde bezogen hat, die von 1748 bis 1767 den Eingang zu diesem Teil der Hofburg bewachte.

 

Der Leopoldinische Trakt wurde 1660 von Kaiser Leopold I., einem den Künsten und vor allem der Musik überaus verbundenen Herrscher (er trat selbst als angesehener Komponist seiner Zeit in Erscheinung) in Auftrag gegeben. Dieses langgezogene, nach Außen hin eher schlicht wirkende Bauwerk, das als Winterpalais geplant war, diente nach Leopold auch noch Kaiserin Maria Theresia, Kaiser Josef II und Kaiser Ferdinand als Wohn- und Arbeitsstätte. Seit dem Jahr 1946 ist in den drei Geschossen des Leopoldinischen Traktes die Österreichische Präsidentschaftskanzlei untergebracht, das Büro der Bundespräsidenten der Zweiten Republik. Die beiden Bezeichnungen - Leopoldinischer Trakt und Präsidentschaftskanzlei - werden daher heute synonym verwendet.

Österreich verfügt damit über ein Gebäude, das seit dem 17. Jahrhundert als Zentrum des Staates dient und dessen Räume die Geschichte des Landes seit der Zeit des Hochbarock bis in die Gegenwart widerspiegeln.

 

Die Geschichte des Leopoldinischen Traktes ist wechselvoll und beginnt im Jahre 1660, als Kaiser Leopold I. den Auftrag für den Bau eines zusätzlichen Traktes der Hofburg gab. Die Arbeiten waren sechs Jahre später soweit abgeschlossen, dass die kaiserliche Familie in das Gebäude ziehen konnte, das allerdings schon zwei Jahre später abbrannte. Die Verantwortung für diesen Brand wurde ungerechtfertigter Weise den in Wien lebenden Juden zur Last gelegt, die daraufhin aus der Stadt verbannt wurden. Turbulent waren auch die folgenden Jahre, lag das Gebäude doch nahe den Stadtmauern und war daher während der Belagerung Wiens durch die Türken 1683 kein sicherer Aufenthaltsort.

 

Ruhigere Zeiten - zumindest in der Hauptstadt Wien - folgten, als die Enkelin Kaiser Leopolds, Maria Theresia, in die Hofburg einzog. Sie ließ große bauliche Veränderungen vornehmen, die Fenster vergrößern und prägte die Räume des Leopoldinischen Traktes wie kein Mitglied der Familie Habsburg sonst. Noch heute befinden sich in den Zimmern und Sälen zahlreiche Bildnisse der Herrscherin sowie ihr Schreibtisch und eine großartige, 128 Kilogramm schwere silberne Standuhr, die so genannte „Vorstellungsuhr". 1751 gefertigt und von Landgraf Ludwig VIII von Hessen-Darmstadt als Geschenk an Maria Theresia überbracht, spielt sie auf einer Bühne unter dem Ziffernblatt eine imaginierte Huldigungsszene vor der Kulisse der Burg von Pressburg/Bratislava ab.

 

Die kunsthistorisch wichtigsten Stücke in der Präsidentschaftskanzlei stammen jedoch aus der Sammlung des Gemahls Maria Theresias, von Franz Stephan von Lothringen, als römisch-deutscher Kaiser Franz I. Es handelt sich hierbei um die vom Kaiser in Auftrag gegebene Sammlung von Pietra-dura-Bildern, die in den berühmten Werkstätten in Florenz, meist nach Vorlagen von Guiseppe Zocchi, zwischen 1737 und 1767gefertigt wurden. Heute befinden sich noch 67 dieser bedeutenden Bilder in den Räumen der Präsidentschaftskanzlei. Im selben Raum steht auch ein Tisch mit Steinintarsien, auf dem die Schlussdokumente des Wiener Kongresses unterzeichnet wurden. Das größere Pendant dieses Tisches schenkte im Dritten Reich der Wiener Gauleiter Baldur von Schirach dem italienischen Außenminister Conte Ciano.

 

Den zentralen Raum der Präsidentschaftskanzlei bildet ohne Zweifel das so genannte Maria-Theresien-Zimmer, das ursprünglich unter der Bezeichnung "Reiches Schlafzimmer" das Repräsentationsbett der Monarchin enthielt. Heute finden in diesem Raum alle hochoffiziellen Ereignisse der Republik Österreich statt, wie die Begrüßung von Staatsgästen, die Angelobung der Bundesregierung, die Angelobung der Landeshauptleute sowie der Höchstrichter.

Als Besonderheit kann auch der verborgene Altar gelten, der sich hinter einer der Wandbespannungen des Zimmers befindet, und den - der Schilderung nach - Kaiser Joseph II einrichten ließ, um diesen Raum dem 1782 nach Wien reisenden Papst Pius VI als Quartier zur Verfügung stellen zu können.

 

Durch eine kaum sichtbare Tapetentüre im Maria-Theresienzimmer gelangt man schließlich in jenen Raum, den Kaiser Joseph II bewohnte und in dem der Kaiser 1790 verstarb. Heute dient dieser Raum als Arbeitszimmer des Bundespräsidenten. Bemerkenswert ist die Ausstattung mit zwei monumentalen Wandgemälden von Johann Franz Greipel, die eine Theaterszene darstellen. Es handelt sich dabei um eine Szene aus der Oper "Il Parnasso Confuso" von Christoph Willibald Gluck. Diese Oper war 1765 aus Anlass der Hochzeit von Joseph II mit Maria Josepha von Bayern in Auftrag gegeben worden.

 

Ergänzt wird der Leopoldinische Trakt durch Anbauten jüngeren Datums, wie etwa den klassizistischen Zeremoniensaal, der bis 1918 als Thronsaal diente und in dem alljährlich der Neujahrsempfang des Bundespräsidenten für das Diplomatische Corps stattfindet. 1998 hielt in diesem Saal Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II seine berühmte und viel beachtete Europa-Rede, in der er die „Fertigstellung" des "Hauses Europa" einforderte.

 

Die Aufgabe, die historische Ausstattung des Leopoldinischen Traktes zu erhalten lässt wenig Raum für neue Ausgestaltungsmaßnahmen. Dennoch ist es Bundespräsident Heinz Fischer gelungen, auch moderne und zeitgenössische Kunst in seine Amtsräume zu integrieren. Von bildhauerischen Arbeiten Fritz Wotrubas und Alfred Hrdlickas bis zu Tafelbildern von Hermann Nitsch oder Markus Prachensky reicht hier die Palette. Solche Maßnahmen machen deutlich, dass der Leopoldinische Trakt der Wiener Hofburg kein Museum ist, sondern ein Amtsgebäude, in dem seit Jahrhunderten die Fäden der österreichischen Politik zusammenlaufen.

 

 

Mag. Meinhard Rauchensteiner

Österreichische Präsidentschaftskanzlei

Stv. Leiter des Presse- und Informationsdienstes

 



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durch die Bischöfe Mitteleuropas anlässlich der "Wallfahrt der Völker" am 22.5.2004

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