Stephansdom bekommt zweiten "Turm"
Wien, 24.8.07 (KAP) Der Wiener Stephansdom bekommt anlässlich des Papstbesuches einen zweiten "Turm": In einer Aufsehen erregenden Lichtinstallation der "Jugendkirche Wien" wird der steinerne Südturm des Doms an drei Abenden durch einen Nordturm aus gebündeltem Licht ergänzt. Mit dieser Aktion von 7. bis 9. September soll das gewohnte Bild des Wiener Wahrzeichens verändert, zugleich sollen aber auch "festgefahrene Sichtweisen der Menschen über 'die Kirche' in Frage gestellt werden", sagte Florian Unterberger von der "Jugendkirche" bei der Präsentation des Projektes im Raiffeisenhaus Wien.
Der konkrete Plan: Vom unvollendeten Nordturm aus werden ab Einbruch der Dunkelheit (zirka 21 Uhr) Scheinwerfer 2,6 Millionen Lumen in den Wiener Nachthimmel strahlen und dabei 80.000 Watt Anschlussleistung verbrauchen. Der Lichtstrom entspricht 1.677 Stück Halogenlampen zu je 100 Watt; das Gesamtgewicht des Equipments, das auf den Nordturm gebracht wird, beträgt sechs Tonnen, wovon allein die Kabel eine Tonne wiegen, wie Unterberger sagte. Die Lichtstrahlen kreuzen sich genau in der Höhe der Südturmspitze in 137 Meter Höhe - was unabhängig vom Wetter einen spektakulären Anblick ergeben werde.
Dompfarrer Anton Faber verspricht sich von der Installation neben "Faszination" auch Anstöße zur Nachdenklichkeit, wie er bei dem Pressegespräch sagte: Das Projekt symbolisiere die Spannung zwischen dem Unvollendeten und dem Vollendeten, die kennzeichnend für die christliche Existenz sei. Hier strecke sich eine junge Kirche gleichsam sehnsüchtig nach dem aus, "was wir Älteren nicht zusammengebracht haben", nehme aber auch demütig an, dass nicht alles möglich und machbar ist. Der ursprünglich mit zwei Türmen konzipierte Stephansdom sei ebenfalls unvollendet geblieben, 1511 seien die Arbeiten am Nordturm wegen Mangel an Geld, Mut und Motivation eingestellt worden. Es blieb beim Südturm, der bei seiner Fertigstellung 1433 der damals höchste Kirchturm der Welt gewesen sei, so Faber.
In der Lichtinstallation drückt sich nach den Worten des Dompfarrers auch aus, dass die Kirche neben ihrer Traditionsverbundenheit immer offen für Erneuerung sein müsse, gemäß dem Wort von der "ecclesia semper reformanda", der immer erneuerungsbedürftigen Kirche.
Faber erinnerte daran, dass es anlässlich des Millenniums bereits einmal den Versuch einer Lichtinstallation am Stephansdom gegeben habe, wegen Schneefall und Nebel sei dies aber ein "Rohrkrepierer" geworden.
"Sinnvolle Investition"
Gerhard Rehor, Vorstandsmitglied der "Raiffeisen"-Landesbank NÖ-Wien und zugleich Obmann eines in Gründung befindlichen Kuratoriums zur Förderung der "Jugendkirche", nannte die 26.000 Euro als Kosten für die Lichtinstallation (zu denen noch Sachspenden kämen) "auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht" eine "sinnvolle Investition" mit großer öffentlicher Wirksamkeit. Dem Kuratorium würden "Topmanager und höchstrangige Politiker" angehören, die die "Jugendkirche" nach dem "bewährten Muster" des Fundraising für Mariazell unterstützen wollen, sagte Rehor. In diesem Fall wolle man sich nicht nur für eine "Kirche aus Stein" engagieren, sondern auch für eine aus "lebendigen Steinen". Das Kuratorium werde sich zu einem späteren Zeitpunkt eigens vorstellen.
Erfolgsgeschichte
Florian Unterberger verwies auf die bisherige Erfolgsgeschichte der "Jugendkirche Wien": Jugendgemäße "Find-Fight-Follow"-Gottesdienste hätten 2003 den Beginn markiert, mittlerweile halte man bei 25 Events mit insgesamt 40.000 teilnehmenden Jugendlichen. Gerade der Kirche "fern stehende" junge Menschen habe man mit zeitgemäßer Musik, liturgischer Sprache und auch Lichttechnik in den Messen ansprechen können und damit eine Brücke zwischen der Botschaft des auferstandenen Christus und der Lebenskultur der Jugend geschlagen, so Unterberger.
Für das kommende Arbeitsjahr plane das nun mit vier hauptamtlichen und etlichen ehrenamtlichen Mitarbeitern ausgestattete "Jugendkirche"-Team ein Musical, einen Bandwettbewerb, eine "Blue Box" als offenen Begegnungsraum sowie die Ausstattung der "Jugendkirche" in der Wiedner Hauptstraße 97 im 5. Wiener Gemeindebezirk mit Veranstaltungstechnik nach neuestem Stand.