Worte des Papstes beim Angelusgebet am Stephansplatz
Liebe Schwestern und Brüder!
Es war für mich an diesem Morgen ein besonders schönes Erlebnis, gemeinsam mit Euch allen den Tag des Herrn so würdevoll in dem herrlichen Stephansdom begehen zu dürfen. Eine mit der gebührenden Würde gehaltene Eucharistiefeier hilft uns, die unermessliche Größe der Gabe wahrzunehmen, die Gott uns in der heiligen Messe schenkt. Gerade so wachsen wir auch zueinander und spüren die Freude Gottes. Darum danke ich allen, die durch ihren aktiven Beitrag zur Vorbereitung und Gestaltung der Liturgie oder auch durch ihr andächtiges Miterleben der heiligen Geheimnisse eine Atmosphäre geschaffen haben, in der Gottes Gegenwart wahrhaft spürbar war. Ganz herzlichen Dank, vergelt's Gott allen!
In der Predigt habe ich etwas über den Sinn des Sonntags und über das heutige Evangelium zu sagen versucht, und ich denke, das sollte uns zu der Erkenntnis geführt haben, dass die Liebe Gottes, die sich selber für uns und an uns verloren hat, uns die innere Freiheit schenkt, unser Leben »loszulassen« und so das wirkliche Leben zu finden. Die Teilhabe an dieser Liebe hat einst Maria die Kraft gegeben zu ihrem vorbehaltlosen Ja. Angesichts der rücksichtsvollen und feinfühligen Liebe Gottes, der zur Verwirklichung seines Heilsplanes auf die freiwillige Mitwirkung seines Geschöpfes wartet, konnte die Jungfrau alle Bedenken fallen lassen und sich vertrauensvoll bei diesem großen, unerhörten Plan in seine Hand geben. Vollkommen verfügbar, innerlich ganz weit geöffnet und frei von sich selbst, ermöglichte sie es Gott, sie mit seiner Liebe, mit seinem Heiligen Geist zu erfüllen. Und so konnte Maria, die einfache Frau, Gottes Sohn in sich empfangen und der Welt den Erlöser schenken, der sich ihr geschenkt hatte.
Auch uns ist heute in der Eucharistiefeier Gottes Sohn geschenkt worden. Wer die heilige Kommunion empfangen hat, trägt jetzt den auferstandenen Herrn in besonderer Weise in sich. Wie Maria ihn in Ihrem Schoß trug - ein wehrloses kleines Menschenwesen, ganz auf die Liebe der Mutter angewiesen - so hat sich Jesus Christus in der Gestalt des Brotes uns anvertraut, liebe Schwestern und Brüder. Lieben wir diesen Jesus, der sich uns so ganz in die Hand gibt! Lieben wir ihn, wie Maria ihn geliebt hat! Und tragen wir ihn zu den Menschen, wie Maria ihn zu Elisabeth getragen und dort Jubel und Freude ausgelöst hat! Maria hat dem Wort Gottes einen menschlichen Leib geschenkt, damit es als Mensch in die Welt kommen konnte. Schenken auch wir dem Herrn unseren Leib, lassen wir unseren Leib immer mehr zum Werkzeug der Liebe Gottes und zum Tempel des Heiligen Geistes werden! Tragen wir den Sonntag mit seiner unermesslich großen Gabe in die Welt hinein!
Bitten wir Maria, uns zu lehren, wie sie frei von uns selbst zu werden, um in der Verfügbarkeit für Gott unsere wahre Freiheit, das eigentliche Leben, die echte und anhaltende Freude zu finden.
Ich möchte nun das Gebet an die Muttergottes sprechen, das ich eigentlich an der Mariensäule hatte sprechen wollen. Dort kam es ja dann bekanntlich zum Stromausfall, so dass es nicht mehr möglich war. Darum darf ich dieses Gebet an die Muttergottes nun nachholen:
Heilige Maria, makellose Mutter
unseres Herrn Jesus Christus,
in dir hat Gott uns das Urbild der Kirche
und des rechten Menschseins geschenkt.
Dir vertraue ich das Land Österreich
und seine Bewohner an:
Hilf uns allen, deinem Beispiel zu folgen
und unser Leben ganz auf Gott auszurichten!
Lass uns, indem wir auf Christus schauen,
ihm immer ähnlicher,
wirklich Kinder Gottes werden!
Dann können auch wir,
erfüllt mit allem Segen seines Geistes,
immer besser seinem Willen entsprechen
und so zu Werkzeugen des Friedens werden
für Österreich, für Europa und für die Welt. Amen.
Liebe Freunde, jetzt singen wir alle auf österreichische Weise den Engel des Herrn:
Der Engel des Herrn ...