Grußworte von Erzbischof Alois Kothgasser bei der Begegnung im Konzerthaus
Heiliger Vater!
Lieber Bruder im Petrusdienst,
Bischof von Rom und Hirte der Universalkirche,
Diener der Diener und Dienerinnen Gottes und der Menschen!
Mit Freude und großer Dankbarkeit darf ich Sie heute bei dieser Begegnung mit den Vertreterinnen und Vertretern der ehrenamtlichen und freiwilligen Dienste in Österreich willkommen heißen. Sie selbst haben in Ihrer Enzyklika Deus caritas est zum Ausdruck gebracht, dass Kirche als Familie Gottes ein Ort der gegenseitigen Hilfe sein muss und zugleich ein Ort der Dienstbereitschaft für alle der Hilfe Bedürftigen, auch wenn diese nicht zur Kirche gehören.
Diesen Auftrag der Dienstbereitschaft für alle der Hilfe Bedürftigen erfüllen eine große Anzahl kirchlicher, aber auch nicht kirchlicher Einrichtungen in unserem Lande, die heute hier zugegen sind. So heißen Sie die Rettungs- und Sanitätsorganisationen, allen voran das Rote Kreuz, der Malteser-Hospitaldienst, der Samariterbund, aber auch die Vertreter der Berg- und Wasserrettung herzlich willkommen, wie auch die Freiwilligen Feuerwehren, die in nahezu allen Gemeinden unseres Landes vertreten sind. Es grüßen Sie die Vertreter im sozialen Bereich, die in der Kirche, besonders in der Caritas, aber auch in Diakonie, in Behindertenverbänden, in der Hospizbewegung, Telefonseelsorge und vielen anderen oftmals privaten Vereinen Menschen in Not helfend und beratend beistehen, wie in Selbsthilfegruppen, Besuchsdiensten und ähnlichen Vereinigungen.
Ehrenamt und freiwillige Arbeit leisten einen entscheidenden Beitrag zur allgemeinen Wohlfahrt in unserem Land. Diese gelebte Solidarität ist ein unverzichtbares Bindemittel für unsere Gesellschaft und ihre humane Qualität. 17 Millionen Stunden im Jahr leisten die Österreicherinnen und Österreicher laut einer Studie freiwillig, davon 7,2 Millionen Stunden im sozialen Bereich und in der Nachbarschaftshilfe; der Produktionswert beträgt 3,5 Milliarden Euro, das entspricht ca. 200.000 Vollzeitarbeitsplätzen.
Viel wichtiger als alle Zahlenstatistik ist aber die Frage, warum sich so viele Menschen bereit erklären, einen ehrenamtlichen Dienst zu tun. Ein Beweggrund ist sicher, dass es unzähligen Frauen, Männern, aber auch Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft nicht gleichgültig ist, wie es den Mitmenschen geht. Man denke an die Sternsinger-/Dreikönigsaktion! Oder - Ihre Heiligkeit hat dies schon erwähnt - »Licht ins Dunkel«, »Bruder und Schwester in Not«. Die Menschen sehen die Not und möchten helfen - und machen dabei die beglückende Erfahrung, dass sie selbst viel geschenkt bekommen, auch wenn ihr Dienst, ihr Einsatz für andere materiell nicht abgegolten wird, ja oftmals gar nicht abgegolten werden kann.
In diesen ehrenamtlichen und freiwilligen Diensten an und für Menschen in Not verwirklichen sie auf besondere Weise die Worte Jesu: »Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.« Deshalb weisen Sie, Heiliger Vater, in Deus caritas est mit Nachdruck darauf hin, dass jene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die den Dienst der Nächstenliebe in der Kirche tun, Menschen sein müssen, die von der Liebe Christi berührt sind. Christus hat ihre Herzen mit seiner Liebe gewonnen und darin die Liebe zu den Nächsten geweckt. Ihr Leitwort sollte das Bekenntnis des Apostels Paulus im 2. Korintherbrief sein: »Die Liebe Christi drängt uns« (5,14). Wenn dieser Dienst in dieser Gesinnung ausgeübt wird, ist er in der Tat ein Geschenk des Heiligen Geistes, das neues Leben hervorbringt.
Das Ehrenamt ist ein Signal in der Gesellschaft gegenüber hilfesuchenden Menschen und besagt: Es ist uns nicht gleichgültig, wie es euch geht. Das Ehrenamt ist die soziale Antenne in unserer Gesellschaft. Ehrenamtliche Dienste erkennen oftmals versteckte Not in unserem Land und wagen den »zweiten Blick« auf die Probleme und Nöte der Menschen. Der ehrenamtliche Dienst ist Vermittler zwischen Armen und Reichen, Gesunden und Kranken, zwischen Jungen und Alten.
Die Humanität einer Gesellschaft wird sichtbar in ihrer spürbaren Solidarität zum Nächsten, die letztlich auch über die Grenzen eines Landes hinausgehen muss. Deshalb sind alle Hilfsmaßnahmen, die Menschen in Not auch in anderen Teilen der Welt zuteil wird, Ausdruck einer Gesinnung der Nächstenliebe, die nicht Halt macht bei Menschen anderer Hautfarbe, Kultur oder Religion, wo immer sie auch leben mögen.
Heiliger Vater, wir danken Ihnen sehr für Ihren unermüdlichen Einsatz gerade für die Menschen in Not weltweit, besonders für jene, die Ihre Stimme brauchen, weil sie sonst in ihrer Bedürftigkeit viel zu wenig oder gar nicht gehört und gesehen werden. Wir danken Ihnen, dass Sie durch Ihre Begegnung mit den Vertretern und Vertreterinnen der ehrenamtlichen und freiwilligen Dienste in unserem Lande dieser Form gelebter Nächstenliebe und menschlicher Solidarität Wertschätzung und Anerkennung zum Ausdruck bringen. »Vergelt's Gott« - und, bitte, bleiben Sie unerschrocken, unerschütterlich und treu, was einer der vielen Titel sehr schön zum Ausdruck bringt: Diener der Diener und Dienerinnen Gottes und der Menschen! Danke!