Marianische Frömmigkeit in Österreich
ZUSAMMENFASSUNG
Die Marienverehrung hat in Österreich eine lange Tradition. Schon um 700 n. Chr. ist die Verehrung der Gottesmutter durch eine Inschrift in Salzburg belegt. Das Marienlob ist seit jeher in Klostergemeinschaften fester Bestandteil des Gebets und viele Gründungen, beispielsweise Mariazell, wurden Maria geweiht. Die Reformation des 16. Jahrhunderts bewirkte freilich zeitweilig auch in Österreich eine Unterbrechung der Verehrung Mariens. Kaiser Ferdinand III. weihte nach Abwendung der Schwedengefahr am 18. Mai 1647 seine Lande der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria. Zur Erinnerung an diese Weihe wurde vor der Kirche „Am Hof" in Wien eine Mariensäule errichtet. Die Weihe unseres Landes sollte nicht in Vergessenheit geraten und wurde nach dem Schrecken des 2. Weltkrieges am 18. Mai 1947 durch Kardinal Theodor Innitzer und am 18. Mai 1997 von Kardinal Christoph Schönborn erneuert. Heute gibt es in Österreich etwa 120 bedeutende Marienwallfahrtsorte. Der Rosenkranz-Sühnekreuzzug, eine Gebetsgemeinschaft um den Frieden in der Welt, die Fatimawallfahrten am 13. jeden Monats und die vielen stillen RosenkranzbeterInnen sind Zeichen dafür, dass die Marienverehrung lebendig ist. Ein erfreuliches Bild sind auch die unzähligen Wallfahrer, Jung und Alt, die sich auf Pilgerschaft zu verschiedenen Gnadenorten machen. Durch ihre Fürsprache zieht die Gottesmutter viele Menschen an. Den Blick auf Maria richten bedeutet immer, sich von ihr Christus, Gottes Sohn, zeigen zu lassen: "Auf Christus schauen!"
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Es ist ein erfreuliches Bild, wenn man an Wallfahrtsorten alle Altersgruppen findet: Eltern mit ihren Kindern, Jugendliche und Erwachsene, die mit einer Fußwallfahrt angekommen sind, ältere Menschen, die im stillen Gebet verweilen: die Mutter Maria zieht durch ihre Fürsprache alle Gläubigen an. Die Marienverehrung hat in Österreich eine lange Tradition.
Da wir über den Anfang des Christentums in unserem Land nur wenig ge-schichtlich Gesichertes wissen, verlieren sich auch die Spuren der Marienverehrung in der grauen Vorzeit.
Der hl. Rupert, früher Bischof von Worms, zog als Missionar nach Osten und gründete in Salzburg um 700 n. Chr. Kirche und Kloster, die dem hl. Petrus geweiht waren. In der Kirche des hl. Petrus in Salzburg finden wir drei Inschriften, die Zeugnis einer frühen Marienverehrung sind. Eine davon lautet: "Die Jungfrau Maria, die Gottesgebärerin, das Licht und Stern des Meeres, die Königin unseres Heiles, möge stets durch ihre lebensspendenden Verdienste diesen Altar verklären, welcher ihr zur verdienten Ehre geweiht ist."
Das erste Gotteshaus in Oberösterreich, dessen Einweihung wir urkundlich kennen, ist eine Marienkirche: sie wurde 739 von Bischof Vivilio von Passau an der Enknach (heute wahrscheinlich Neukirchen an der Enknach) geweiht. Aus dieser Zeit stammt auch das berühmte Marienheiligtum von Altötting. Wenn der Muttergottes Altäre und Kirchen geweiht wurden, so erhebt sich die Frage, welche Marienfeste schon in ältester Zeit gefeiert wurden. Darauf gibt die Synode von Salzburg im Jahre 800 eine Antwort: "Viermal des Jahres soll die feierliche Messe der heiligen Gottesmutter stattfinden, nämlich zu Maria Reinigung am 2. Februar, Empfängnis am 25. März (heute Verkündigung des Herrn), Aufnahme am 15. August und Geburt am 8. September."
Hier darf auch ein besonderes marianisches Zeichen unseres Landes nicht vergessen werden: 1797 erschien auf unerklärliche Weise einer Bauerntochter in Absam in einem Stubenfenster ein Marienbild, das, mit Zustimmung des Bischofs von Brixen, in die Pfarrkirche übertragen wurde. Absam ist seit damals der bedeutendste Marienwallfahrtsort Tirols.
Marienlob in Klöstern
Die Zisterzienser waren so begeisterte Muttergottesverehrer, dass Maria als Eigentümerin jedes ihrer Klöster angesehen wurde. Die Benediktiner, die die Muttergottesverehrung in ihrer Regel festgelegt hatten, stellten gerne Kirchen und Kapellen unter den Schutz der Gottesmutter. Hier muss natürlich der Entstehung des größten österreichischen Wallfahrtsortes, Mariazell, gedacht werden. Das 850-Jahr Jubiläum hat ja Papst Benedikt XVI. veranlasst, an diesen Gnadenort zu pilgern. Ein Mönch des Benediktinerstiftes St. Lambrecht wurde um 1157 in die Mariazellergegend entsandt. Am Ziel angekommen, errichtete er eine Zelle für die Muttergottes. Urkundlich wird 1243 eine Cella genannt. Die Zelle wurde 1644-1683 ausgebaut. Die Gnadenmutter von Mariazell wird angerufen als "Große Mutter Österreichs", als "Mutter der slawischen Völker" und "Große Herrin Ungarns."
Ein großer Marienverehrer war Bischof Altmann von Passau, der nicht nur das Stift Göttweig gründete und der Gottesmutter weihte, sondern auch auf die Erziehung des Babenbergers, des hl. Leopold III. maßgeblichen Einfluss hatte.
Anfänge der Verehrung der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria und ihre Wiederbelebung durch die Gegenreformation
Es ist bemerkenswert, dass sich nach Errichtung der theologischen Fakultät an der Universität Wien (1384) bedeutende Theologen mit dem damals noch umstrittenen Thema der Unbefleckten Empfängnis in positiver Weise auseinandersetzten. 1399 wurde das Fest der Unbefleckten Empfängnis bereits in Brixen gefeiert, 1476 zu St. Stephan in Wien und zu Maria am Gestade, ebenfalls in Wien. Im Wiener Heiligthumsbüchlein (1500) scheint der 8. Dezember als Fest der Unbefleckten Empfängnis auf.
Die Reformation des 16. Jahrhunderts bewirkte freilich zeitweilig auch in Österreich eine Unterbrechung nicht nur der Verehrung der Unbefleckten Empfängnis, sondern überhaupt Mariens. Die Jesuiten, die mit anderen Orden, wie den Serviten, Franziskanern und Kapuzinern wesentlichen Anteil an der Glaubenserneuerung der katholischen Kirche in unserem Land hatten, förderten wieder die Marienverehrung, insbesondere unter dem Titel der "Unbefleckten Empfängnis". Ihr Einfluss sollte sich auch auf die Marienverehrung der habsburgischen Herrscher Ferdinand II., Ferdinand III. und Leopold I. auswirken.
So verstehen wir, dass Kaiser Ferdinand III. nach Abwendung der Schwedengefahr am 18. Mai 1647 seine Lande der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria weihte. Bei dieser Gelegenheit wurde vom Kaiser auch das Gelübde gemacht, für alle Zukunft im Erzherzogtum Österreich den 8. Dezember feierlich begehen zu lassen. Zur Erinnerung an diese Weihe wurde vor der Kirche am Hof in Wien eine Mariensäule errichtet. In Nachahmung dieser Säule entstanden auch in anderen österreichischen Städten, z. B. Innsbruck, Immakulatasäulen. Das großartigste Denkmal der Immakulata ist jedoch der Dom in Linz, der (nach 60jähriger Bauzeit!) 1924 eingeweiht wurde.
Die Weihe unseres Landes sollte nicht in Vergessenheit geraten und wurde nach dem Schrecken des 2. Weltkrieges am 18. Mai 1947 durch Kardinal Theodor Innitzer und am 18. Mai 1997 von Kardinal Christoph Schönborn erneuert.
Weihe und ihre Konsequenzen
War es nur ein Zufall, dass gerade 300 Jahre nach der Weihe Österreichs an die Gottesmutter, am 2. Februar 1947, der Diener Gottes P. Petrus Pavlicek den Rosenkranz-Sühnekreuzzug gründete, der mit seinen hunderttausenden Beterinnen und Betern zur Befreiung des Landes von den vier Besatzungsmächten beitrug? Diese Bewegung war schon vorbereitet durch einen vom Diözesanpriester Dr. Franz Tauber 1942 gegründeten Rosenkranzsühnekreuzzug.
Dürfen wir nicht sagen: die Gottesmutter hat die Weihe des Jahres 1647 nicht vergessen und uns einen neuen Impuls zu ihrer Verehrung geschenkt? Allerdings gehört zu dieser Verehrung wesentlich auch die Umkehr der Herzen. Am 13. September 1983 hat Papst Johannes Paul II. aufs neue Österreich der Gottesmutter anvertraut; wir hoffen, dass Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch bei der Hohen Schutzfrau Österreichs in Mariazell, dieses Anvertrauen in geeigneter Weise erneuert. Der Sinn dieser Erneuerung ist, die Gläubigen auf die Konsequenzen einer solchen feierlichen Fürbitte aufmerksam zu machen. Es gibt in Österreich zwar etwa 120 bedeutende Marienwallfahrtsorte, es finden die Fatimawallfahrten am 13. eines jeden Monats statt, nicht zu vergessen die vielen stillen Rosenkranzbeter/innen - Zeichen dafür, dass die Marienverehrung lebendig ist: Dass darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass für viele Gläubige in unserem Land Maria keine wichtige Rolle in ihrem Glaubensleben führt.
Im Sinne des Ausspruchs des bekannten Biblikers P. Klemens Stock SJ: "Die Aussagen über Maria im Neuen Testament sind so reich und tief, dass man sie nie ausschöpfen kann", sollte die Verehrung Mariens noch besser biblisch begründet werden: denn die bleibende Berufung Mariens, der Magd des Herrn (der biblische Ehrentitel für Maria!) ist es, uns zu ihrem Sohn Jesus, dem Sohn Gottes, hinzuführen und so dem "Verdunsten des Glaubens" entgegenzuwirken.
P. Benno Mikocki OFM
Geistlicher Leiter des Rosenkranz-Sühnekreuzzuges - Gebetsgemeinschaft für Kirche und Welt