Anderssprachige katholische Gemeinden in Wien
ZUSAMMENFASSUNG
Derzeit gibt es in Wien mehr als 30 verschiedene anderssprachige Gemeinden. Jeder fünfte Wiener Katholik ist Ausländer oder ausländischer Herkunft und so ist die Seelsorge für fremdsprachiger Katholiken eine große Aufgabe. Die landesspezifischen Bräuche sowie die unterschiedlichen Motive, die Menschen in Österreich heimisch werden lassen, machen sich in der Struktur und im Leben der einzelnen Gemeinden bemerkbar. Grundsätzlich sind die meisten fremdsprachigen Gemeinden wie Pfarren strukturiert. Von Seiten der Erzdiözese Wien bemüht sich das Referat für fremdsprachige Gemeinden um die Herstellung des Kontakts zwischen Gläubigen einer Nationalität und ihrer Gemeinde und ist auch ein Bindeglied zum Ortsbischof. Auffallend ist, dass die Bindung vieler ausländischer Mitbürger an die Kirche stärker ausgeprägt ist, als hierzulande durchwegs der Fall ist. Das Mitleben Menschen ausländischer Herkunft in ihren Gemeinden ist nicht nur zur Bewahrung ihrer eigenen Identität, sondern auch zur reibungsloseren Integration von großer Bedeutung.
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Derzeit gibt es in Wien mehr als 30 verschiedene anderssprachige Gemeinden. Jeder fünfte Wiener Katholik ist Ausländer oder ausländischer Herkunft. Die Betreuung der fremdsprachigen Katholiken in der Erzdiözese Wien ist daher alles andere als eine "Minderheitenseelsorge". Die genaue Zahl der fremdsprachigen Christen ist nicht festlegbar, da nicht wenige aus dem Ausland stammende Katholiken es vorziehen, in ihrer Wohnpfarre mitzutun. Manche engagieren sich sowohl in der Wohnsitz- als auch in der Sprachgemeinde. Die meisten fremdsprachigen Gemeinden sind wie eine Pfarre strukturiert. Mit dem Referat für fremdsprachige Gemeinden versucht man von Seiten der Erzdiözese Wien eine Brücke zwischen den zugewanderten Gläubigen und ihren Seelsorgeeinrichtungen auf der einen Seite sowie den Anliegen des Bischofs und der Diözese auf der anderen Seite zu schaffen. Wesentliche Gemeinsamkeiten der Mitglieder praktisch aller anderssprachiger Gemeinden sind vor allem:
- Das Leben im „Ausland" Österreich schafft eine besondere Bedeutung der christlichen Gemeinde. Man teilt Alltagsprobleme, feiert und trauert gemeinsam.
- In den meisten Fällen ist die Bindung der ausländischen Mitbürger an die Kirche eine wesentlich stärkere als man in der modernen Gesellschaft hierzulande gewohnt ist. Wo es wenige Menschen eines Volkes sind, gehen weit über 50 % in die Messe, wo es (wie beispielsweise bei den afrikanischen Gläubigen) viele sind, platzen die Kirchen zu den Gottesdienstzeiten aus allen Nähten.
- Schwierigkeiten und Probleme ergeben sich hauptsächlich in Platzfragen in den Pfarren. Allerdings konnte hier in vielen Fällen schon Abhilfe geschaffen werden.
- Eine Integration wurde in manchen Fällen durch kulturelle Besonderheiten beschleunigt und vereinfacht. Hier sollen drei Beispiele angeführt werden:
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- Die ungarische Gemeinde, die schon geographisch und historisch ein besonderes Naheverhältnis zur österreichischen Kirche hat, ist durch ihren Festkalender und das daraus resultierende Feiern besonders präsent. Auch kulturell bestehen hier verständlicherweise viele Affinitäten. Dies trifft auch auf weitere anderssprachige Gemeinden wie die slowakische, die tschechische, die slowenische usf. zu. Bei diesen Gemeinden ist die Sprache der Hauptunterschied in der Messfeier.
- Die kroatische Gemeinde hat durch die Leistungen ihrer Mitglieder im Sport maßgeblich zu einer raschen Integration beigetragen. Kroatien hat als Land mit vielen hervorragenden Exponenten im Fuß- und im Basketball eine lange Reihe an "Helden des Sports", die eine breite Identifikationsfläche vor allem für Jugendliche bieten. Durch das Mitwirken in der Diözesanliga konnten hier Grenzen schneller niedergerissen und Gemeinsamkeiten gefördert werden.
- Die afrikanische Gemeinde lockt durch die große Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und Spiritualität, die während der Gottesdienste herrscht, immer wieder Interessierte an. Der unterschiedliche Zugang zum Glauben, der im Kern natürlich derselbe ist, wird hier mit viel Musik und Tanz präsentiert. Die positive Stimmung wirkt mit Sicherheit auch für österreichische Gläubige inspirierend.
Als wesentliche Unterschiede sind hervorzuheben, dass Gemeinden, die durch Fluchtbewegungen entstehen bzw. vergrößert werden eine ganz andere Bedeutung als solche, die größtenteils aus Diplomaten und anderen finanziell besser gestellten Personen zusammengesetzt sind, haben. Dies ist insbesondere für die Integration wesentlich, die natürlich von Menschen, die nur wenige Jahre hier leben, anders wahrgenommen und umgesetzt wird als von solchen, die wirtschaftliche oder politische Verfolgung permanent in Österreich "vor Anker gehen" lässt.
Im Folgenden soll ein kompakter Überblick der anderssprachigen Gemeinden in Wien mit all ihren Besonderheiten und Problemen gegeben werden. Es werden nicht alle Gemeinden angeführt, sondern einige repräsentativ dargestellt bzw. aufgrund ihrer Besonderheiten analysiert.
Albanische Gemeinde
In Wien gehören ihr ca. 1.500 Albaner aus dem Kosovo an. In den letzten Jahren sind viele Asylwerber dazu gekommen. Die sozialen Probleme sind große Familien, kleine Wohnungen und keine Arbeit.
Kroatische Gemeinde
entstand großteils durch Fluchtbewegungen in den beiden Weltkriegen und dem gewaltsamen Zerfall von Jugoslawien. Die 90er Jahre brachten 15.000 Flüchtlinge.
Polnische Gemeinde
Ab 1980 kamen nach der Verhängung des Kriegsrechtes in Polen rund 21.000 Flüchtlinge nach Wien. Die rund 30.000 polnischstämmigen Landsleute besuchen auch deutschsprachige Messen. Besonders seit dem Ableben von Papst Johannes Paul II. ist der Zustrom der Gläubigen gewachsen. 5.000 bis 6.000 Gläubige besuchen jeden Sonntag die Kirche.
Slowakische Gemeinde
Die Slowakei gilt mit ihren fast 5,5 Millionen Einwohnern und 58 Prozent römischen Katholiken als stark religiöses Land. Der Prager Frühling brachte viele Flüchtlinge. Seit 1989 kommen viele junge Slowaken, um in Österreich zu arbeiten. Im Augenblick spürt man in der slowakischen Gemeinde die Aufbruchstimmung der Gegenwart.
Slowenische Gemeinde
Im Großraum Wien leben ca. 3.500 Slowenen. Das slowenische Pfarrblatt wird allerdings nur mehr an 370 Haushalte geschickt, vor einigen Jahren bezogen es noch 600. Diese Entwicklung wird darauf zurückgeführt, dass viele Slowenen in die Heimat zurückgekehrt sind, oder sich in Wien vollständig integriert haben.
Tschechische Gemeinde
ist die älteste anderssprachige Gemeinde der Stadt. Ihre Wurzeln reichen in das 13. Jahrhundert. Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts, lebten und arbeiteten 500.000 Tschechen in Wien. In den vergangenen hundert Jahren ist die Volksgruppe der Tschechen in Wien immer kleiner geworden. Seit 1989 gibt es wieder einen Zuzug.
Ungarische Gemeinde
steht im Zeichen der vielen Feste, die der ungarische Festkalender bietet. In Wien leben heute ca. 15.000 Ungarn, ca. 6.000 sind katholisch. Zur Gemeinde der Ungarn kommen vor allem jene, die noch nicht so lange da sind. Immigranten, die schon länger in Wien leben, feiern und arbeiten in den Pfarrgemeinden mit.
Englischsprachige Gemeinde
Leopold Ungar wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gebeten, in der Votivkirche für die englischen Soldaten der Alliierten eine Messe in englischer Sprache zu feiern. Seit damals gibt es die englischsprachige Gemeinde. Viele der Gläubigen sind Diplomaten oder haben Berufe, die sie nur für einige Jahre nach Wien führen. Etwa ein Viertel sind jeweils Amerikaner, Filipinos oder Afrikaner. Das vierte Viertel sind Menschen aus mehr als 30 Nationen. Vor allem in den vergangenen 10 Jahren gab es ein wachsendes Interesse für die Armen und eine große Spendenbereitschaft.
Westafrikanische Gruppe
Die afrikanische Gemeinde gibt es in Wien seit 1980. 1998 entstand eine eigene englischsprachige Gemeinde. Die westafrikanische Gemeinde zählt 500 Seelen. Die Messen dauern in der Regel drei Stunden und stellen eine eindrucksvolle Manifestation des tiefen Glaubens der Afrikaner dar.
Indische Gemeinde
In Wien leben etwa 4.000 indische Katholiken, die im so genannten syro-malabarischen Ritus feiern. Das Christentum hat in Indien eine sehr lange Tradition.
Koreanische Gemeinde
An die 130 Koreaner kommen regelmäßig zur Sonntagsmesse. Bei geschätzten 200 koreanischen Katholiken in Wien ist das eine beachtliche Zahl. Die Gemeinde hat für sie große Bedeutung.
Portugiesisch-brasilianischsprachige Gemeinde
Einige Tausend katholische Lateinamerikaner leben in Wien. Viele kamen zur Zeit der Militärdiktaturen der 70er- und 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Heute kommen vor allem Studierende aus Brasilien, oder auch Brasilianer und Brasilianerinnen mit österreichischem Ehepartner.
Philippinische Gemeinde
eine der größten anderssprachigen Gemeinden der Erzdiözese. Sie wurde in den siebziger Jahren für die in Wien arbeitenden katholischen Gastarbeiter gegründet. Die Kirchen platzen bei philippinischen Messen aus allen Nähten. Viele der 25.000 gläubigen Philippiner in Wien arbeiten im Pflegebereich.
Mag. Heiko M. Nötstaller
Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Erzdiözese Wien