Die Päpstliche Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz
ZUSAMMENFASSUNG
Die Philosophisch-Theologische Hochschule Heiligenkreuz blickt auf eine 205-jährige Geschichte zurück. 1802 als Reaktion auf den Missstand der josephinischen „Generalseminarien" für die interne Ausbildung im Zisterzienserorden gegründet, studierten dort zunächst fast ausschließlich österreichische Zisterzienser. 1975 siedelte der Regensburger Bischof Rudolf Graber in Heiligenkreuz ein Seminar für Spätberufene an. Damit begann nicht nur ein Aufschwung in den Hörerzahlen, sondern auch eine Vertiefung der Zielsetzung: seither studieren nicht nur Zisterzienser, sondern auch Weltpriester und Ordensleute, vor allem aus Deutschland und Österreich in Heiligenkreuz. Heute unterrichten an 7 Instituten an die 40 Professoren, Dozenten und Assistenten. Von den derzeit 160 Studierenden sind ca. 110 Priesterkandidaten, was die Hochschule Heiligenkreuz zur vermutlich größten Priesterausbildungsanstalt des deutschen Sprachraumes macht. Das Studium ist staatlich anerkannt und konkordatär abgesichert, derzeit bietet die Päpstliche Hochschule das Diplomstudium in Fachtheologie an. Am 28. Januar 2007 wurde die Hochschule zum "Athenäum Pontificium", zur "Päpstlichen Hochschule", erhoben. Seither trägt sie den Namen "Päpstliche Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz". Ziel ist der Vollausbau zur „Päpstlichen Fakultät" mit dem Recht zur Verleihung des Lizenziates und des Doktorates. Die Hochschule ist getragen von einer selbstverständlichen und freudig bejahten Verbindung zwischen gelebter Spiritualität und wissenschaftlicher Intellektualität in der kontemplativen Atmosphäre eines uralten Stifts, was den besonderen Wert des Studiums in Heiligenkreuz ausmacht.
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Als im Jahre 2002 die Hochschule Heiligenkreuz das 200-jährige Bestehen feierte, wollten wir als Hauptreferenten den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, einladen. Kardinal Ratzinger, der aus anderen Anlässen zuvor bereits oft das Stift Heiligenkreuz besucht hatte, antwortete mit einer gut begründeten Absage: es ginge einerseits terminlich nicht, und anderseits wolle er seine verbleibende Arbeitskraft auch ganz darauf verwenden, um noch einige wichtige theologische Bücher zu schreiben... Damals haben wir dies bedauernd hingenommen, doch umso größer ist nun unsere Freude, dass er als Heiliger Vater im Rahmen seines Österreich-Besuches unser Stift Heiligenkreuz und die Hochschule besuchen kommt.
Der Besuch des Papstes in Heiligenkreuz am Sonntag, 9. September gilt einerseits unserem Konvent, andrerseits der "Päpstlichen Hochschule Benedikt XVI.". Er trifft auf unser Stift zu einer Zeit der spirituellen und personellen Blüte, die sicher darauf zurückzuführen ist, dass durch in Heiligenkreuz die nachkonziliaren Reformen durch kluge und umsichtige Äbte vollständig und freudig durchgeführt wurden, jedoch so, dass den eigentlichen Absichten des Konzils und den uralten Traditionen des Ordens entsprochen wurde. So hat Heiligenkreuz in den 70er-Jahren das Stundengebet nach den Vorgaben des Konzils vollständig reformiert, indem es ein eigenes Zisterzienserbrevier herausgegeben hat. Natürlich wurde dem Wunsch des Konzils entsprochen und die lateinische Sprache beibehalten. In der "heißen" nachkonziliaren Umbruchssituation wurde Heiligenkreuz damit sehr schnell als "rückständig" abgestempelt.
Doch die Liebe zur Kontinuität im Herzen der Kirche und in den Traditionen unseres Ordens hat sich bewährt: Mittlerweile hat sich vieles in der westlichen Gesellschaft und in der Kirche geändert: Der meditative Gregorianische Choral ist "in" und wird plötzlich wieder hoch geschätzt; die ästhetische Weise, wie wir die Liturgie - natürlich im Ritus von Paul VI. - feiern, zieht viele Menschen in unsere Gottesdienste. Und in den letzten zehn Jahren stellen wir staunend fest, dass gerade Jugendliche unser Kloster mit seiner "mystischen" Atmosphäre einfach "cool" finden und zu regelmäßigen Gebetsnächten, die eine Mischung aus Katechese, charismatischem Gebet, eucharistischer Anbetung und Begegnung mit uns Mönchen sind, zu hunderten herbeiströmen.
Von den Berufungen her "boomt" Heiligenkreuz in einer Weise, die uns selbst tief beschämt, weil wir in der hohen Zahl der Eintritte (2005: 4 Novizen, 2006: 7 Novizen, 2007: 6 Novizen...) den unverdienten Segen Gottes erblicken. Vielleicht spricht auch die Mischung von Apostolat und Klosterleben an: denn einerseits leben wir im Kloster ein strenges und opfervolles Leben im Rhythmus von Gebet, Arbeit und Studium; andrerseits sind unsere Priestermönche nicht nur in 19 Pfarren, sondern auch in einer Neugründung in Deutschland und in vielen Bereichen der kategorialen Seelsorge tätig. Jedenfalls: Wenn Papst Benedikt XVI. am 9. September kommt, werden mit ca. 80 Mönchen den höchsten Personalstand seit etwa 300 Jahren haben.
Was für die Gemeinschaft der Mönche gilt, das gilt auch für die Hochschule. Die Hochschule ist keine nachkonziliare Erfindung oder Neugründung, sondern kann auf eine Geschichte von 205 Jahren zurückblicken. Sie ist in den letzten 30 Jahren freilich in jeder Hinsicht gewachsen: Die Erhebung zur "Päpstlichen Hochschule" am 28. Jänner 2007, die dazu führte dass unser Abt Gregor Henckel Donnersmarck ihr den Namen des jetzigen Petrusnachfolgers gegeben hat - "Päpstliche Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz" -, ist keinesfalls das Resultat einer ungebührlichen Privilegierung. Dass die Hochschule nunmehr "Athenäum Pontificium" ist, ist die Frucht eines Prozesses der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung. Die Hochschule war 1802 für die interne Ausbildung im Zisterzienserorden gegründet worden, bis 1975 studierten auch fast ausschließlich österreichische Zisterzienser; bis dahin war die Hochschule eines von vielen theologischen Instituten, die in vielen Klöstern und Diözesen als Reaktion auf den Miss-Stand der josephinischen "Generalseminarien" gegründet worden waren. Im Laufe der Jahrhunderte sind die meisten dieser Institute eingegangen. Vielleicht wäre die Hochschule Heiligenkreuz, deren Hörerzahlen zwischen 1802 bis 1975 in dem kleinen Bereich von 10-30 Studenten lag, diesem Schicksal ebenfalls anheim gefallen. Doch 1975 siedelte der Regensburger Bischof Rudolf Graber hier in Heiligenkreuz, auf österreichischem Boden, ein Seminar für Spätberufene an, das später nach ihm "Collegium Rudolphinum" benannt wurde. Damit begann nicht nur ein Aufschwung in den Hörerzahlen (1990: 100, 2007: 170), sondern auch eine Vertiefung der Zielsetzung: in Heiligenkreuz studieren seither nicht nur Zisterzienser, sondern auch Weltpriester und Ordensleute, vor allem aus Deutschland und Österreich.
Tatsächlich sind von den derzeit 160 Studierenden sind ca. 110 Priesterkandidaten, also etwa ein Drittel. Damit ist die Hochschule Heiligenkreuz vermutlich die größte Priesterausbildungsanstalt des deutschen Sprachraumes. Nicht nur das: sie ist die einzige aktive Ordenshochschule in Österreich und die einzige Hochschule des über 900-Jahre alten Zisterzienserordens. Das Studium ist staatlich anerkannt und konkordatär abgesichert, derzeit bietet die Päpstliche Hochschule das Diplomstudium in Fachtheologie, das in Österreich mit der Graduierung zum "Magister theologiae" abschließt. Durch den neuen Status als Päpstliche Hochschule ist die Unabhängigkeit von der Wiener Fakultät, der bisher verantwortlichen Nachbarfakultät, gegeben.
Der Studentenalltag an der Hochschule Heiligenkreuz ist familiär, leicht überschaubar und stark geprägt vom klösterlichen Umfeld. Das mittelalterliche Stift, das jährlich von 170.000 Touristen besucht wird, die umliegend angesiedelten Ordensgemeinschaften, das "Überdiözesane Priesterseminar Leopoldinum", wie das Rudolphinum seit 1. Juli 2007 heißt, bilden eine Art "Campus", das sich durch eine einzigartige Studienatmosphäre auszeichnet. Zudem liegt Heiligenkreuz mitten in der Naturlandschaft des Wienerwaldes, und ist doch nur 15 Kilometer von Wien entfernt. Zur nächsten U-Bahn-Station von Wien sind es über die Autobahn nur 10 Minuten.
Die Erhebung zur "Päpstlichen Hochschule" ist für uns mehr Gabe als Aufgabe. Dass der Papst unsere nach ihm benannte Hochschule besuchen will, die ja doch recht klein ist im Vergleich mit den 4 staatlichen Fakultäten Wien, Innsbruck, Graz und Salzburg oder auch im Vergleich mit der Privatuniversität Linz, beschämt uns und bringt uns auch in Verlegenheit: Das Professorenkollegium hat sich in den letzten Jahren zwar verjüngt, mittlerweile haben wir die Hochschule in 7 Institute gegliedert und sind dabei ein spezifisches Forschungsinstitut "EUCist" einzurichten, das die historischen, liturgischen und spirituellen Grundlagen des Zisterzienserordens zum Gegenstand hat.
Wir beschäftigen zwar an die 40 Professoren, Dozenten und Assistenten in Lehre und Forschung, wovon drei Viertel Priester und Ordensleute sind, was dem spezifischen Charakter einer zisterziensisch-benediktinischen Hochschule entspricht. Auch sieht man unsere "Kirchlichkeit" schon daran, dass zwei Weihbischöfe als Professoren wirken, und zwar auf sehr engagierte Weise. Doch unser derzeitiger Hochschulbetrieb hat auch Schwächen: so sind die meisten lehrenden Priester zugleich in der Seelsorge tätig. Einerseits verhindert das zwar eine bloß wissenschaftliche Verkopftheit; für die Priesterausbildung ist es durchaus förderlich, wenn die Lehrenden ihren Studierenden nicht nur die Lehre bieten, sondern auch das persönliche Beispiel. Verba docent, exempla trahunt. Andrerseits sehen wir sehr wohl die Herausforderung, dass wir an der Päpstlichen Hochschule den Aspekt der theologisch-wissenschaftlichen Forschung verstärken müssen. Wir sind hier zuversichtlich, weil Gott uns eine große Zahl von qualifizierten jungen Berufungen schickt, die für den zukünftigen Lehrberuf geeignet scheinen.
Das von uns angestrebte Ziel ist ja der Vollausbau der Hochschule zur "Päpstlichen Fakultät" mit dem Recht zur Verleihung des Lizenziates und des Doktorates. Zur Erreichung dieses Zieles werden wir in den nächsten fünf Jahren detaillierte und anspruchsvolle Vorgaben der Bildungskongregation umsetzen. Inzwischen haben wir - übrigens auch mit enormen finanziellen Aufwand - die Umstrukturierung unserer 60.000 Bände umfassenden Stiftsbibliothek in Angriff genommen. Wir sind der Überzeugung, dass alle Anstrengungen und Opfer für die Hochschule ein Dienst für die Kirche der Zukunft sind, den wir gerne annehmen, weil ihn uns der Herr selbst zumutet.
Warum ist es gut, dass es eine solche Hochschule wie Heiligenkreuz gibt? Welchen Wert hat ein kleiner Studienort, der eingebettet ist in die tiefe spirituelle Atmosphäre eines uralten Stiftes, getragen wird von einem traditionsreichen Mönchsorden, geleitet von Lehrenden, die sich bemühen, eine hohe wissenschaftliche Qualifikation mit aufrichtiger Frömmigkeit zu verbinden?
Vielleicht deshalb, weil die Lebensentscheidung zum Priestertum heute weniger denn je eine bloß intellektuelle Entscheidung ist, sondern eine gesamtmenschliche. Und weil die Theologie der Zukunft mehr denn je dieser gesamtmenschlichen Dimension wird Rechnung tragen müssen, wenn sie nicht ihren eigenen "Selbstmord" verantworten will. Das neuzeitliche Ideal der Wissenschaftlichkeit fordert Objektivierung, fordert "kritische Distanz". Und das ist auch in Ordnung so. Zugleich unterliegt der Studierende, dem Gott also im Rahmen seines Studium zum "Objekt", zum "Es" wird, einer programmatischen Gefahr: Gott ist seinem Wesen nach nie bloß Gegenstand und Objekt der Theologie, sondern er ist immer ihr innerstes Subjekt. Wo Gott bloß zum "Es" depotenziert wird, kommt er schnell abhanden. Daher muss das Theologietreiben heute mehr denn Je Gott als "Du" im Leben des Studierenden selbst zu Wort kommen lassen. Kurz: Die "sitzende Theologie" braucht eine Rückbindung in einer "Theologie auf den Knien", um ein berühmtes Wort von Hans Urs von Balthasar zu zitieren.
Für die Studierenden, die als Priester und Ordensleute in der Nachfolge Christi leben wollen, ist es vielleicht ebenso wichtig, dass sie uns Professoren in Heiligenkreuz erleben können, wie wir täglich von 5 Uhr an beim Chorgebet stehen, wie wir den Rosenkranz beten oder vor dem Allerheiligsten knien - wie der erfolgreich absolvierte Prüfungsstoff. Die Tatsache, dass es an unserer Hochschule eine selbstverständliche und freudig bejahte Verbindung gibt zwischen gelebter Spiritualität und wissenschaftlicher Intellektualität könnte man vielleicht als die "marianische Dimension" unserer Hochschule bezeichnen. Dieser Dimension des Übernatürlichen verdanken wir jedenfalls zur Zeit eine Fruchtbarkeit, die uns in ihrer Gnadenhaftigkeit zutiefst beschämt.
Prof. P. Dr. Karl Wallner OCist
Rektor der Päpstlichen Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz